Michael Lott spricht über MARK BRANDIS

In der Sendung „Redezeit“ auf WDR5 unterhielt sich am 22.4.13 unser Brandis-Sprecher Michael Lott mit Redakteur Achim Schmitz-Forte über die Herausforderungen im Leben eines Schauspielers, der auch Synchronsprecher, Stationvoice, Computerspielstimme und eben Hörspielsprecher ist.

Gesehen haben recht viele Deutsche den Hamburger Michael Lott schon einmal – gehört haben ihn dagegen schon fast alle. Der ausgebildete Theaterdarsteller ist das akustische Aushängeschild von Fernsehsendern und Radiostationen, lässt sich von ihnen als „Station Voice“ verpflichten. Doch das ist nicht sein einziger Job: Als Synchronschauspieler leiht Lott zum Beispiel in der „Milennium“-Trilogie dem Schweden Mikael Nykvist seine markant-männliche Stimme, wenn der Schauspielerkollege als Reporter politische Verschwörungen aufdeckt. Lott steuert im Hörspiel als Mark Brandis ein Raumschiff durch das All und räumt im Computerspiel „Deus Ex“ als Sicherheitschef eines Konzerns unter den Bösewichten einer Science-Fiction-Welt auf.

Dass seine Stimme mehr als sein Gesicht gefragt ist, macht dem 48-jährigen nichts aus – ganz im Gegenteil: Michael Lott ist stolz darauf, mit der Sprache Menschen berühren zu können.


Der ganze Beitrag
war ein Jahr lang bei WDR5 als Podcast nachzuhören; hier nur der fünfminütige Ausschnitt zu seiner Arbeit an der Hörspielserie.

Lernkurve nach Fukushima praktisch gleich Null

Schade, dass „Operation Sonnenfracht“ noch nicht Pflichtlektüre in Schulen ist. Noch bitterer ist, dass nach wie vor kein Land — auch nicht Japan — die Konsequenzen zum Wohl der eigenen Bürger zieht.

Im März 2011 bebt die Erde und ein Tsunami überflutet das Atomkraftwerk in Fukushima. Seitdem ist die Umwelt verseucht. Jetzt wird bei Fischen eine besonders hohe Cäsiumbelastung festgestellt. Im Meer vor Fukushima gefangene Fische weisen Rekordwerte radioaktiven Cäsiums auf. Bei zwei Grünlingen wurden 25.800 Becquerel Cäsium pro Kilogramm gemessen. Das gab der AKW-Betreiber TepCo laut japanischen Zeitungen bekannt.

Der Messwert entspricht dem 258fachen dessen, was der Staat als unbedenklich zum Verzehr einstuft. Die Fische wurden Anfang August in einer Entfernung bis 20 Kilometer von der Atomruine in 15 Metern Tiefe gefangen. Das Fischen vor der Küste der Provinz Fukushima unterliegt freiwilligen Beschränkungen, damit kein kontaminierter Fisch auf den Markt gelangt. (Quelle)

WER ISST DIESE FISCHE?? Ergebnisuntersuchungen tendieren wir zu schnell als abgeschlossen anzusehen, ganz im Gegensatz zu den gemachten Erfahrungen:

Im Ergebnis der Forschungen wurde festgestellt, dass die Havarie vom März 2011 im AKW Fukushima 1 die Luft über der untersuchten Meeresregion nicht beeinflusst hat.

„Die Untersuchung des Meereswassers im nordwestlichen Teil des Pazifik hat jedoch ergeben, dass eine umfassende Region, die 500 bis 800 Kilometer östlich vom AKW Fukuschima 1 entfernt liegt, bis jetzt mit radioaktiven Emissionen verseucht ist„, sagte der Gesprächspartner der Agentur. Er präzisierte, dass der Gehalt an radioaktivem Cäsium 137 das Zehnfache des höchstzulässigen Wertes beträgt. Wie der stellvertretende Leiter des russischen Institutes für Probleme der sicheren Entwicklung der Atomenergetik, Rafael Arutjunjan, RIA Novosti sagte, werden die von den Expeditionsteilnehmern entdeckten radioaktiven Verschmutzungen im nordwestlichen Pazifik weiter untersucht.

Die erste solche Expedition hatte von April bis Mai 2011 stattgefunden. Die damals entnommenen Proben von Meereswasser, Luft, Grundablagerungen und Meeresfauna hatten keine signifikanten Strahlenerhöhungen aufgewiesen (Russland Heute).

Zwei Jahre nach Fukushima macht das Land die Augen fest zu und erklärt die Katastrophe zum „Schicksal“:

Zum Jahrestag von Fukushima vor zwölf Monaten gingen noch Zehn-, addiert vielleicht sogar Hunderttausende dagegen auf die Straße. Diesmal waren es eher Tausende, wenn nicht nur Hunderte – und das auch vorzugsweise am Wochenende, wenn nicht gearbeitet werden muss. Nüchtern betrachtet blieben fast 127 Millionen Japaner gleichgültig zu Hause. Wogegen sollten sie auch protestieren? Gegen die Regierung, die unverhüllt mit der Atomlobby kungelt? Eine Zweidrittelmehrheit hat doch erst im Dezember mit den konservativen Liberaldemokraten und Premierminister Shinzo Abe die Atomstromverfechter wieder an die Macht gewählt. Im vollen Bewusstsein übrigens, dass sie damit für eine Renaissance der rund 50 derzeit stillgelegten Reaktoren und den Ausbau weiterer AKW votiert hat.
Alternativen werden kaum in Erwägung gezogen. Wohlgemerkt, Japan ist ein Land der heißen Quellen, wunderbar geeignet für Thermoenergie. Steile Berge würden Speicherkraftwerke ermöglichen, und an 26.500 Kilometer Meeresküste branden die Wellen. Beinahe jeder Vorschlag in diese alternative Richtung wird jedoch lächelnd mit angeblicher Sorge um die Attraktivität des Landes abgebürstet (Quelle)

Dass in der Welt von Mark Brandis Atommüll in einem Vulkankrater eingelagert wurde, wird dem Autor gerne vorgeworfen. Das sei „unrealistisch“ und „zu gefährlich“. Sowas würde keiner machen. Doch wie ist dann diese Meldung vom 10. Dezember 2012 zu lesen?

Das russische Zivilschutzministerium führt ein Register von potentiell gefährlichen Atommüllobjekten, die in Binnengewässer und Grenzmeeren versenkt sind. Derzeit stehen 24 000 solche Objekte auf der Liste.

Und dass wir nicht mal nach Russland gehen müssen, um Unverantwortlichkeit in diesen Dingen zu finden, beschreibt die WELT recht eindrücklich am 23. April 2013:

Die Sünden liegen Jahrzehnte zurück, doch sie strahlen weit in die Zukunft. Und das im wörtlichen Sinn: Acht europäische Staaten hatten zwischen 1949 und 1982 atomaren Abfall einfach dem Meer überlassen, insgesamt versenkten sie 222.732 mit Beton oder Asphalt verstärkte Metallfässer an 14 Stellen westlich der europäischen Küste sowie in einem „Hurd Deep“ genannten Gebiet im Ärmelkanal.

Im Metropolis von Mark Brandis scheint die Lektion irgendwann angekommen zu sein. Wie flach können wir unserer Lernkurve noch erlauben, zu bleiben?

Die inneren Monologe

Mark Brandis Hörspiele haben keinen Erzähler. Das mag überraschen; sind doch der „epische Teil“ der Bücher, die Ansichten und Positionsbeschreibungen der Ich-Erzähler-Hauptfigur, eines der Stilmittel des Autors gewesen, das in Verbindung mit dem eher karg und präzise gehaltenen Stil seine Leser stets besonders an der Serie gereizt hatte. Anderswo habe ich bereits darüber berichtet, was uns vom Erzähler ferngehalten hatte; zum Teil haben wir den daraus entstehenden Mangel versucht, mit der „Gedankenkamera in Brandis‘ Kopf“ aufzufangen. Diese Innenschau taucht beispielhaft in drei verschiedenen Grundsituationen auf:

  1. Der Fluß der Gedanken: Mark Brandis beobachtet die Welt um ihn herum und vermischt das, was auf ihn einwirkt, mit dem, was er denkt. Beispiel (aus „Testakte Kolibri“): gerade hat er einen neuen, aber unfallanfälligen Einmannjäger zum ersten Mal getestet und ist begeistert. Während er auf dem Weg zum Mond ist, denkt er über das gerade Erlebte nach.
  2. Der Rückzug aus der Realität, der gleichzeitig verstreichende Zeit betont. Mark Brandis geht ganz aus der Gegenwart und gibt seinen Gedanken Raum. Hier (in „Raumsonde Epsilon“) philosophiert er über die etwas unbeholfene, aber auf ihre Art anziehende Ludmilla Wolska, die als einzige Frau auf der langen Raumfahrt vielleicht etwas mehr als Beschützerinstinkte bei Mark Brandis geweckt hat.
  3. Die Zeitlupe. Mark Brandis erlebt sekundenkurze Vorgänge zerdehnt, wie in „slow motion“. Hier (in „Unternehmen Delphin“) steht er vor einem Erschießungskommando und stellt sich den letzten Wahrheiten.

Es stimmt: zu einem gewissen Grad „bremsen“ diese Monologe die Handlung. Aber selbst wenn man außer Acht läßt, dass ein Hörspiel, das nicht ab und zu mal von spannungsgeladen zu ruhig wechselt, schnell durch das permanente „auf die 12“ effekthascherisch wirkt — die Monologe sind unser Mittel, dichter bei Mark Brandis zu sein, als bei jedem anderen Charakter, und für die Zeit eines Abenteuers so zu werden wie er.